Ein neues Dokument in Affinity Publisher anlegen ist sehr einfach, sofern man weiss, welche Presets wofür Anwendung finden. Schauen wir uns das Ganze etwas genauer an.
Typ «Druck»

Der Titel wirkt etwas verwirrend. Wenn wir uns aber die Vorgaben genauer ansehen, merken wir schnell: Das ganze Setting dient nicht der Erstellung von High-End-Druckdaten, sondern eher dem Erzeugen von Online-PDFs oder für Dokumente, die intern auf Office-Drucker ausgegeben werden. Zumindest macht es diesen Anschein auf mich. Der Farbraum ist RGB, keine 3 mm Beschnitt und Bilder werden eingebettet. Abgesehen davon haben wir dieselben Formatvorgaben wie beim Setting «Press-ready».
Typ «Druckerei-fertig»

Dies ist der Standardtyp, wenn man eine Druckvorlage erzeugt. Also wenn man ein Dokument erstellen will, dass in einer Druckerei ausgegeben wird. Die Bilder werden verknüpft, der Farbraum wird auf CMYK gestellt (konservativ, aber Safe) und das Dokument bekommt die benötigten 3 mm Beschnitt. Die Formate sind dieselben wie auch unter der Vorgabe «Print». Es finden sich die gängigen DIN A und DIN B-Formate, aber auch etwas speziellere wie etwa ein 7 Zoll Vinyl Cover.
Typ «Foto»

Hier finden sich gängige Bilddruckformate. Sie orientieren sich an den Kleinbildformaten dem letzten Jahrhundert (24 × 36 mm respektive dem Seitenverhältnis 2:3). Daraus ergeben sich gängige Vergrösserungsformen wie zum Beispiel 7 × 10 mm oder 9 × 13 mm, 13 × 18 mm und 18 × 24 mm. Es fällt auf, dass die metrischen Werte nicht ganz genau festgelegt sind, das resultiert daraus, dass diese Formate aus Zoll übernommen wurden. Einzige Ausnahme bildet die «Weltpostkarte» im Format A6 (105 × 148 mm).
Das Foto-Setting ändert deshalb das Format auf Zoll (englisch Inch, kurz in), den Farbraum zu RGB und bettet die Bilder ein. Diese Voreinstellungen sind wohl vorwiegend für Fotografen gedacht. Der Einfachheit halber kann man sich hier auch eigene Settings in Millimeter anlegen.
Für Profis: warum 3R, 4R …?
Fotopapierhersteller liefern die Papierrollen unter anderem in den Standardbreiten 3, 4, 4, 5, 6, 7, 8 und 10 Zoll (25,4 cm). Im Amerikanischen werden die Bildformate oft mit einem Code aus einer Zahl und einem Buchstaben gekennzeichnet. Dabei bezeichnet der Buchstabe jeweils den kürzeren Rand in Zoll, also zum Beispiel 3R für 3 Zoll (7,62 cm). In der normalen Serie ergibt sich die breitere Seite aus der kurzen Seite 2 Zoll (5,08 cm). 3R hat also ein Format von 3,5 Zoll (8,89 cm) × 5 Zoll (12,7 cm). Die Formate, bei denen der Zahl ein S vorangestellt ist, gehören zu der Super-Serie mit einem Seitenverhältnis von 3:2 und somit einer besseren Passform für 135-mm-Filme. Genau diese Formate finden Sie also in den Publisher-Voreinstellungen.
Typ «Web»

Verwendet man ein Setting fürs Web, werden Millimeter zu Pixel, CMYK zu RGB und die Auflösung wird von 300 auf 72 ppi heruntergeschraubt. Die Bezeichnung «Web» kann etwas irreführend sein, da die Formate vor alle in der Filmproduktion Verwendung finden. Es finden sich aber auch drei Einstellungen für Social Media-Grafiken.
Hier zeigt sich einer der grossen Unterschiede zwischen Affinity Publisher und InDesign. Nehmen wir den Story-Post (1080 × 1920 px) als Beispiel. Der Publisher erstellt eine Grafikdatei, die das Pixelseitenverhältnis von 1080 × 1920 px besitzt, und das bei einer Qualität von 144 ppi. Das hat zur Folge, dass Sie das korrekte Format bei doppelter Qualität erhalten. InDesign erstellt eine Grafikdatei mit demselben Pixelseitenverhältnis, Sie müssen es aber mit der Auflösung von 72 ppi exportieren. Wenn Sie den Export mit 144 ppi vornehmen, bekommen Sie eine Verdoppelung der Pixel, also 2160 × 3840 px. Da im Web vorwiegend die Pixelseitenverhältnisse relevant sind, reichen die 72 ppi meistens aus. Bei den heutigen ultrahochaufgelösten Smartphones und Tablets schaden ein paar ppi mehr allerdings nicht, weshalb die Herangehensweise von Serif relativ clever ist.
Typ «Geräte»

Unter diesem Typ finden sich voreingestellte Geräteformate für zum Beispiel iPad, iPhone oder Android-Geräte. Warum die Dokumenteinheiten auf Punkt und nicht auf Pixel gestellt sind, entzieht sich meinem Wissen. Für mich ergibt es keinen Sinn.
Typ «Architektur»

Unter dem Typ Architektur finden sich die typischen nordamerikanischen Formate, die vorwiegend in der Architektur Verwendung finden. Meistens haben sie ein Seitenverhältnis von 4:3 oder 3:2. In folgender Tabelle sehen Sie die Formate und ihre Masse in Millimeter und Zoll (in).
Format | B × H (mm) | B × H (in) | Seitenverhältnis |
---|---|---|---|
Arch A | 229 × 305 | 9,0 × 12,0 | 4:3 |
Arch B | 305 × 457 | 2,0 × 18,0 | 3:2 |
Arch C | 457 × 610 | 18,0 × 24,0 | 4:3 |
Arch D | 610 × 914 | 24,0 × 36,0 | 3:2 |
Arch E | 914 × 1219 | 36,0 × 48,0 | 4:3 |
Arch E1 | 762 × 1067 | 30,0 × 42,0 | 7:5 |
Serif versucht, mit den Settings eine breite Nutzerbasis abzudecken, was das Ganze allerdings auch etwas unübersichtlich machen kann.
Über mich
Nach einer klassischen Lehre als Polygraf EFZ und einer Weiterbildung zum Techno-Polygraf EFA sammelte Christian Denzler Erfahrungen in Druckereien, Agenturen und Premedia-Firmen. Er ist ein Publishing-Profi und seit 2015 Prüfungsexperte «grafisch technische Berufe» an der Berufsschule für Gestaltung Zürich. Leidenschaftlich testet er neue Software sowie Technologien und schreibt darüber.
2 Antworten
Lieber Willi
Das ist bei mir auch der Fall. Ausser allenfalls für Webgrafiken greife ich selten auf Presets zurück. Trotzdem finde ich es interessant zu wissen, was es von Haus aus so gibt.
Ich denke, die zweifache Vorlesegeschwindigkeit ist primär für blinde Menschen interessant, die sich daran gewöhnt sind. Ich persönlich kann auch nur 1,5x vertragen. Bei Podcasts sogar max. 1,25x, da ich menschliche Stimmen zu schnell nicht hören kann. Das nimmt jede Emotion aus einer Diskussion zum Beispiel.
Danke für einen weiteren Post zu Affinity!
Ich nutze diese Presets nicht. Ich nehme mir gern die Zeit, jede Einstellung selber anzupassen. Eigene Vorlagen anlegen ergibt mehr Sinn.
PS: Nutzt jemand die 2x-Vorlesegeschwindigkeit? Ich verstehe dabei überhaupt nichts. 1.2x wäre optimal, finde ich.