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Haemes Senf: Grundbildung und Realität entfernen sich immer mehr

Wenn ich einen reichen Onkel in USA hätte, würde ich ihm die Misere in Grundbildung bei den Publishing-Berufen erklären. Ich würde ihm aufzeigen, dass die staatlich geregelte Grundbildung schier manövrierunfähig geworden ist. Dass zum Beispiel ein mir bekanntes grosses Medienhaus Polygrafen (das sind Mediengestalter in Deutschland) nicht mehr ausbilden will, weil das, was Polygrafen gemäss Reglement kennen und können, nicht mehr dem entspricht, was sie selber von Berufsleuten in der Medienvorstufe erwarten.

Diese Situation wird nur noch schlimmer. Denn die trägen Strukturen der Grundbildung können nicht mehr Schritthalten mit den kurzen Innovations-Zyklen draussen im Markt. Das heisst, in ein paar Jahren haben wir im Publishing ein massives Fachkräfte-Manko. Auch wenn Aufträge im Hause wären, können diese nicht zufriedenstellend erledigt werden, weil kaum niemand weiss, wie das geht.

Private Publishing Academy

Und jetzt kommt der reiche Onkel ins Spiel. Er soll nämlich in eine private «Publishing Academy» investieren. Eine Academy (vielleicht mehrheitlich virtuell), wo Leute – privat geregelt – das lernen, was der Markt braucht. Themen, top aktuell, nach momentanen und künftigen Bedürfnissen der Branche.

Nach der agilen Grundbildung bleiben die Leute bei der Academy (Job garantiert) und werden punktuell und zeitlich beschränkt an Medienbetriebe «vermietet», um deren Aufträge durchzuziehen.

Mindestens 1 Tag die Woche sind die Leute jedoch in der Academy (kann auch virtuell sein) und tüfteln an neusten Ideen und Innovationen. Dazu kommen die regelmässigen «Garage Weeks», wo bestimmte Themen im Team aufgearbeitet werden.

Kürzlich erst habe ich vorsichtig begonnen, von dieser Idee zu erzählen. Die Resonanz – von Seiten Unternehmern und Führungskräften – haut mich fast um. Offenbar gäbe es in Deutschland und der Schweiz «reiche Onkels», die sowas finanzieren möchten.

Das ermutigt mich, konkreter an der Idee zu feilen und weitere Gespräche mit Unternehmern und Studis zu führen.

Ob die «Publishing Academy» wirklich startet, kann ich aktuell nicht sagen. Jedoch kann ich als Dozent und Mitpräger beim Publisher Professional Technik schon mal an meiner Vision bauen, wieder das zu vermitteln, was der Markt braucht.

Über mich

  • Haeme Ulrich

    Ich bin Business Leadership Coach und konzentriere mich auf Verlage und Agenturen. Ich habe Hunderte von Verlagen und Agenturen weltweit betreut und ihnen geholfen, ihre Prozesse zu optimieren und eine blühende Kultur zu etablieren. Ich bin ein versierter Redner, spreche auf Bühnen mit mehr als 5000 Zuhörern sowie vor Hochschul- und Fachpublikum. Mein Stil ist authentisch, ehrlich und direkt, wobei dein Erfolg immer im Vordergrund steht. Ich lege mehr Wert darauf, meinen Kunden beim Aufbau langfristiger, nachhaltiger Geschäfte zu helfen, als nur auf kurzfristige Gewinne zu achten.

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Diskussion

12 Antworten

  1. Klingt einleuchtend und überzeugend. Ich wäre gerne mit dabei.
    Was die neuen Medien und Technologien angeht, kann (würde) ich (gerne) noch viel lernen, mit über 30 Jahren Berufserfahrung könnte ich vielleicht auch das eine oder andere sinnvoll dazu beitragen.

  2. Ich glaube dass es schon einige Leute (mit genügend Erfahrung) gibt mit gleiche Ideen.
    Wenn es so weit kommt, würde Ich gerne teilnehmen. Ehemaliger Lehrer in Fachschulen in Belgien: also Kandidat Student und Lehrer ! Heutige Arbeit meistens Indesign automatisierte Daten Einlauf.

  3. Lieber Haeme
    Danke für diese frischen Ideen.
    Ich frage mich schon länger, ob nicht ein System wie folgendes Zukunft hätte:
    Die ähnlich gelagerten Grundbildungen (Polygraf, Grafiker, IMD, usw.) werden zusammengenommen und modular frisch aufgebaut.
    Jede Grundbildung umfasst vielleicht 12 Module von 20 möglichen Modulen, die innerhalb von vielleicht 6 Jahren besucht werden müssen. Jedes Modul schliesst separat ab. Der Polygraf benötigt ganz sicher das Modul “Bildbearbeitung”. “Webdesign” ist vielleicht für den Polygrafen fakultativ. Aber nicht für den IMD. Einige sind dann schon nach 3 Jahren fertig. Einige machen sogar 18 Module; weil sie speziell interessiert sind.
    Vielleicht wäre das ein Weg, der auf die unendlich vielen Erwartungen der Branche eingehen könnte und Personen individuell und gezielter ausbilden könnte.
    Bin gespannt, wie das weitergeht.

  4. Lieber Haeme Ulrich & Team,

    Ich kanns nicht lassen, muss eurem Senf meinen Senf hinzufügen 😉

    Wenn man das Lernen möchte, was der Markt braucht, heisst das: Du lernst direkt beim aktuellen Auftrag/Projekt. Du kommst morgens ins Büro, du bedienst erstmals eine Datenbank, dann einen Webshop, dann ein weiteres System; alle erstmals und einmalig. Es wird nur noch ungewohnte/neue Situationen geben. Du musst das lieben. Wer liebt das? Hier wird es spannend. Diese Person wurde vom System vielleicht bereits ausgespuckt. Oder sie ist abgewandert. Solche Persönlichkeiten bleiben vielleicht wegen “xyz” bei der Vorselektion eines Bewerbungsprozesses hängen – wird ja heute vielleicht vom Praktikant erledigt… Also, bei der Zusammenführung von “Suchendem” & “Suchendem” wäre zu investieren. Stärkung der Führungskräfte, dass sie keine Angst haben, Personen einzustellen, die über mehr/anderes Wissen verfügen als sie.

    Für alle, die Angst vor 5S, Scrum, Projekt, Prozess, Industrie 4 haben: Einfach mal ganz einfach starten, mit z.B. “Silicon Valley Germany / Keese”. Oder in einer anderen Branche schnuppern; in einer jungen; die nicht vor 30 Jahren auf dem Erfolg eingepennt ist.

    Bei der Grundbildung ist das Problem: Seilschaften sind es, die das System auch träge machen. Es kann sein, dass der Fachlehrer 1 Lernziel vielleicht nur 1x unterrichten kann. Was eigentlich nicht schwierig wäre, wenn die Kantone/Schule/Lehrerschaft teamworken wollten/könnten. Solange die sich bekriegen, freut sich der grosse Kanton… Es bleibt dem Fachlehrer sehr wohl genügend Luft, um auch Wünschen der erwähnten Unternehmen gerecht zu werden. Er sollte diese Kreativität (=Problemlösung) mitbringen. Womit wir wieder bei Einstellungskriterien wären.

    Die wirkliche Herausforderung ist, die entsprechende Persönlichkeit mit dem entsprechenden Team/Projekt zu verknüpfen. Die “Anforderung an Wissensarbeiter” ist bestimmt komplex; aber auch einfach deshalb, weil man es nach gewohnten Mustern/etc absucht. Er muss Probleme lösen wollen/können. Wie finde ich das heraus? Diese “offene Denkweise” ist eine Kultur, die dem Unternehmen auch wirklich entsprechen muss. Grössere Unternehmen müssen vielleicht Satelliten bauen. Und nicht vergessen: Transparenz tut wirklich weh. Bitte lasst auch Fehlerkultur zu, daraus lernt man. Oberstes Management muss dem Polygrafen nicht sagen, ob der Schreibtischhintergrund mittelgrau oder dunkelgrau sein soll; reagiert euch am Knettball ab. Oder lasst den Angestellten auch seine Erfahrung, seine Fehler, seine Aufgaben selber machen.

    Vielleicht wäre die “Publishing Academy” wirklich ein Hoffnungsschimmer. Wobei mit dem reichen Onkel leider einige andere Probleme gelöst werden müssen, Businessmodelle wie Uber sie hat auf den europäischen Markt zu “implementieren”… Global Players, die Aufträge auf den Mond vergeben würden, wenn es dort billiger wäre. 😉

    Typografischer Gestalter EFA

  5. Danke Haeme für die “laut gedachte” Idee mit dem reichen Onkel….
    Blöd ist das natürlich auch für Menschen “ü50” (wie ich) die Ideen, Lernbereitschaft und den Willen haben sich in solche Themen hineinzufräsen, marktbedingt aber nicht zum Job kommen 🙁
    Dort werden dann ja Mitarbeiter gesucht die alles können sollen, jung sind, viel Erfahrung haben und bereits “fertig” ausgebildet sind sowie jede Menge Referenzprojekte vorweisen können…

    1. Hallo Reinhard

      Ich habe auf der “Pain-Sammlung” (siehe Design Thinking) auch, dass eine solche Academy auch Möglichkeiten für uns beide (ältere Semster) haben muss. Vielleicht wäre das alles als Verein möglich? Was meinsch?

      lg
      Haeme

  6. Hallo Haeme,
    das sehe ich (wieder einmal) ähnlich wie Du.

    Wir sind gerade auf der Suche nach einer geeigneten Fachkraft.
    Doch was sollen die Anforderungen an die Bewerber sein?
    An was sollen wir unsere Auswahl festmachen?
    Die Anforderung an einen Wissensarbeiter ist so umfangreich und komplex, dass es nicht mehr ausreicht einen “einfachen” Mediengestalter zu suchen. Er muss Erfahrungen im Multi-Channel-Publishing haben. Bestmöglich dann auch noch viel Erfahrung im bei uns eingesetzten PIM System besitzen….puhhh da wird die Bewerber-Decke aber echt dünn.

    Aus meiner Sicht kann ich einen passenden Bewerber definitiv nicht mehr am Mediengestalter-“Status” festmachen. Er muss offen für neue, zukunftsfähige Wege sein. Doch wie soll ein Bewerber dies haben, der erst seine Mediengestalter-Ausbildung abgeschlossen hat.
    Ich für meinen Teil habe die Ausbildung absolviert (ist aber auch schon einige Jahre her :-). Es ist eine Basis, doch wie Du schreibst, definitiv nicht mehr zukunftsorientiert. Dann war ich drei Jahre in einer Vorstufe um die Print-Basis zu lernen. Dann viele Jahre in der althergebrachten Katalog-Satz Produktion tätig. Doch auch das ist nur eine Basis, auf der ich aufgebaut habe. Aktuell hat diese Basis nur noch wenig mit meiner aktuellen Arbeit zu tun.

    Wie soll man diese offene Denkweise erlernen?

    Dein Ansatz ist definitiv eine gute Sache. Ich für meinen Teil wäre sehr daran interessiert. Aber wie schon per Mail geschrieben, wäre Eurer Ansatz des Publisher Professional Techniker auch für mich sehr interessant, wäre der Kurs nur in Deutschland verfügbar.

    DANKE für Deinen nächsten Senf. Ich freue mich jetzt schon wieder auf den nächsten 😉

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