16. Mai 2022. Joshy und ich sitzen in einem Taxi, irgendwo auf Bali. Wir sprechen mit dem Taxifahrer über die Kulturunterschiede von unseren Ländern. Und da sagt er einen Satz, der mir bis heute bleibt: «You european people are always proud of being busy and unhappy, I can’t understand it.» Ouch, der hat gesessen.
Wie recht er damit hatte, wurde mir erst später klar. Auf die Frage, wie es einem geht, ist die Antwort oft: «Gerade viel los.». Wer viel zu tun hat und möglichst wenig schläft, gewinnt. Wer den anstrengendsten Alltag hat, ist am coolsten. Dieses Verhalten wird auch «Hustle Culture» genannt (DE: Hektik-Kultur).
Diese Kultur ist nicht nur unangenehm, sondern mutmasslich genau das, was uns die Innovation versaut.
Stress macht dumm
Keine Frage: Kurzfristiger Stress kann gesund sein. Er kann dabei helfen, einen hungrigen Bären abzuhängen. Oder, etwas weniger dramatisch: Termine einzuhalten.
Aber Langzeitstress, wie er heute weit verbreitet ist, kann sich auf das Gehirn auswirken. Stresshormone können wichtige neuronale Verbindungen zerstören, was zu Vergesslichkeit führt. Neuere Forschungen haben gezeigt, dass Stress den Hippocampus (das Gedächtniszentrum des Gehirns) schrumpfen lassen kann. Dieser Abbau gleicht übrigens einem Schlaganfall!
Seit wir im Juni von unserer Weltreise zurück sind, fällt es mir gefühlt täglich auf. Veränderung würde uns allen guttun. Unser Statussymbol, «busy» zu sein, ist überholt. Schneller ist nicht besser, innovative Ideen sind noch nie beim Rumstressen gekommen. Fortschritt kommt mit Leidenschaft, Geduld und Ausdauer. Wer sich Zeit nimmt für Innovation, kommt vorwärts. Wer hin und wieder einen Schritt zurück macht, aus der Ferne auf die Dinge schaut, sieht die Nöte und vielleicht die Lösungen.
Manchmal ist das, was man nicht tut, genauso wichtig wie das, was man tut.
Greg McKeown
4 Antworten
ich erlebe das jeden Tag bei der Arbeit. Und zwar vertikal durch die ganze Organisation. In einem erschreckenden Ausmass. mein Eindruck ist es hat auch damit zu tun, dass ganz viele Menschen, auch in verantwortlichen Positionen, damit ihre Angst verdrängen, wirklich hinsehen zu müssen und zu realisieren, wie tief wir an vielen Orten in der Scheisse stecken. Diese Beschäftigungsfetisch hat eine Ablenkungsfunktion. Meiner Meinung nach.
Das ist ein spannender Gedanke mit der Ablenkung, könnte gut sein!
Wichtiger Beitrag! Der Titel könnte auch heissen: “Stress tötet Qualität”. Denn nicht nur die Innovation, sondern auch einfache, alltägliche, wichtige Entscheide und Beziehungen leiden unter Stress. Zum Glück habt ihr Jungen es erkannt! 🙂
Danke Sandra! Ja, das stimmt, das Thema “Beziehungen” ist in dem Zusammenhang auch sehr wichtig!